Erde Zitate (Seite 3)
Bleibe, Abend will es werden
Bleibe, Abend will es werden,
Und der Tag hat sich geneigt:
Bleibe, Herr, bei uns auf Erden,
Bis die letzte Klage schweigt.
Wer soll uns unsre Tränen stillen,
Wenn es deine Hand nicht tut?
Wer des Herzens Zug erfüllen,
Wenn nicht deine Liebesglut?
Ach, so falsch ist ja die Erde,
Ach, so schwankend ist das Herz:
Von der Erde, voll Beschwerde,
Führe du uns himmelwärts!
Bleibe, Abend will es werden,
Und der Tag neigt sich zur Ruh!
Bleibe, Herr, uns hier auf...
Franz Alfred Muth
Zur Osterzeit
Ist das ein Ostern! – Schnee und Eis
hielt noch die Erde fest umfangen;
frostschauernd sind am Weidenreis
die Palmenkätzchen aufgegangen.
Verstohlen durch den Wolkenflor
blitzt hie und da ein Sonnenfunken –
es war, als sei im Weihnachtstraum
die schlummermüde Welt versunken.
Es war, als sollten nimmermehr
ins blaue Meer die Segel gehen, –
im Park ertönen Finkenschlag,
und Veilchenduft das Tal durchwehen. –
Und dennoch, Seele, sei gewiß:
Wie eng sich auch die Fesseln...
Clara Müller-Jahnke
Liebe
In kindlicher Seele
erdämmert die Liebe,
wie Grünes der Erde
im Frühling entkeimt.
Im Herzen der Jungfrau
da knospet die Liebe,
von künftiger Herrlichkeit
sinnend sie träumt.
Bis daß sie im Herzen
des Weibes entfaltet
zu üppigster Blüte
berauschend erprangt.
Im Herzen der Mutter
zur edelsten Reife,
zur Krone des Alls,
zur Vollendung gelangt.
Clara Müller-Jahnke
Dies ist der Erde Nacht,
Und Regen fällt hernieder.
Ich habe meine Lieder
Und Taten nicht vollbracht.
Die Welt ist voll Verdruß.
Kein Stern scheint meinem Wege.
Wenn ich mich niederlege,
Erwartet mit kein Kuß.
Rings schlafen weit im Kreis
Die Menschen frei von Qualen.
Die ersten Sonnenstrahlen
Erwecken Not und Schweiß.
Vielleicht zeigt mir ein Traum
Mein Glück und das der Erde.
Ob er je Wahrheit werde, –
Ich wag's zu hoffen kaum.
Erich Mühsam
Pflügerin Sorge
Über der Erde Stirne,
durch Tag und Nacht,
pflügt ein hagres Weib
hin und her…
Wilde Stiere,
kaum zu hemmen, ziehn,
reißen ihre Pflugschar durch den Grund:
Doch je rasender die Nacken zerrn,
nur so tiefer drückt den Baum sie ein.
Über der Erde Stirne,
durch Tag und Nacht,
führt Frau Sorge
Furche, Furche, Furche…
Leidenschaften,
kaum zu zähmen, ziehn,
reißen ihre Pflugschar durch den Grund:
Doch je wilder die Dämonen zerrn,
nur so tiefer gräbt den Stahl sie ein.
Christian Morgenstern
Der Wissende
Wer einmal frei
vom großen Wahn
ins leere Aug
der Sphinx geblickt,
vergißt den Ernst
des Irdischen
aus Überernst
und lächelt nur.
Ein Spiel bedünkt
ihn nun die Welt,
ein Spiel er selbst
und all sein Tun.
Wohl läßt er's nicht
und spielt es fort
und treibt es zart
und klug und kühn –
doch lüftet ihr
die Maske ihm:
er blickt euch an
und lächelt nur.
Wer einmal frei
vom großen Wahn
ins leere Aug
der Sphinx geblickt,
verachtet stumm
der Erde Weh,
der Erde Lust,
und lächelt nur.
Christian Morgenstern
Winternacht
Es war einmal eine Glocke,
die machte baum, baum ...
Und es war einmal eine Flocke,
die fiel dazu wie im Traum ...
Die fiel dazu wie im Traum ...
Die sank so leis hernieder
wie ein Stück Engleingefieder
aus dem silbernen Sternenraum.
Es war einmal eine Glocke,
die machte baum, baum ...
Und es war einmal eine Flocke,
so leis als wie im Traum ...
So leis als wie im Traum ...
Und als vieltausend gefallen leis,
da war die ganze Erde weiß
als wie vom Engleinflaum.
Da war die ganze Erde...
Christian Morgenstern
Die Erde
Wenn sanft entzückt mein Auge sieht,
Wie schön im Lenz der Erde blüht;
Wie jedes Wesen angeschmiegt
An ihren Segensbrüsten liegt;
Und wie sie jeden Säugling liebt,
Ihm gern die milde Nahrung gibt,
Und so in steter Jugendkraft
Hervor bringt, nährt und Wachstum schafft;
Dann fühl' ich hohen Busendrang
Zu rühmen den mit Tat und Sang,
Dess wundervoller Allmachtsruf
Die weite Welt so schön erschuf.
Friedrich von Matthisson
Frühlingslied
Der Frühling verschleiert nun wieder
Die Erde ganz
Mir zartem Laubgefieder,
Mit Blütenglanz;
Nun eilet zum Tanz
Hier unter dem blühenden Flieder!
Von schwellenden Zweigen hernieder
Singt sehnlich bang
Die Drossel so liebliche Lieder;
Ertöne noch lang
Du süßer Gesang
Hier unter dem blühenden Flieder!
Schwermütige Liebe, komm wieder,
Du schönstes Glück!
Vom Dunkel der Sterne schweb nieder
Zur Erde zurück,
Du schönstes Glück,
Hier unter dem blühenden Flieder!
Hermann Ritter von Lingg
Zwischen Himmel und Erde
Aus der Wüste aufgerichtet –
Strebt mein Leben in die Sterne,
Hat sich kühn ein Reich erdichtet,
Das sich dehnt zur fernsten Ferne.
Laut ruf ich des Himmels Kunde,
Durch der Erde weite Hallen,
Denn ich fühle mich im Bunde
Mit des Weltalls Wundern allen.
Fühl mich selber als ein Wunder:
Bald beschenkt und bald ein Schenker,
Fliegend auf und tauchend unter …
… Herr, bleib meines Lebens Lenker!
Karl Ernst Knodt
Freude
Durch Freude winkt auf allen Wegen,
Die durch dies Pilgerleben gehn;
Sie bringt uns selbst den Kranz entgegen,
Wann wir am Scheidewege stehn.
O, wunderschön ist Gottes Erde,
Und wert, darauf vergnügt zu sein;
Drum will ich, bis ich Asche werde,
Mich dieser schönen Erde freun!
Ludwig Heinrich Christoph Hölty
Wer wollte sich mit Grillen plagen,
So lang uns Lenz und Jugend blühn?
Wer wollt’ in seinen Blütentagen
Die Stirn in düstre Falten ziehn?
Wie wunderschön ist Gottes Erde
Und wert, darauf vergnügt zu sein;
Drum will ich, bis ich Asche werde,
Mich dieser schönen Erde freun.
Ludwig Heinrich Christoph Hölty
Zeichen der Seele
Ist das noch derselbe Himmel,
Der sich über mir gespannt,
Als im flackernden Gewimmel
Wilder Feuer ich gebrannt?
Ist das noch dieselbe Erde,
Die mein rascher Fuß betrat,
Als mit glühender Gebärde
Ich geschleudert Zukunftssaat?
Erd' und Himmel sind die gleichen,
Und die gleichen Sonnen lohn,
Doch die Seele rückt ihr Zeichen
In begrenzte Felder schon.
Schritt für Schritt wird nun gemessen,
Noch im Schwunge geizt die Hand,
Rann doch zu viel Korn indessen
Auf Morganas Wüstensand...
Karl Henckell
An meinen Tischler
Macht meinen Sarg von Tannenbrettern,
Von euren dünnsten, Meister Dill,
Weil ich in Marmor nicht, gleich unsern Erdengöttern,
Zur Erde wieder werden will!
Man liegt in ihm zu lange still,
Ist guter Samen nicht, in Erden
Des guten Säemanns, ists in unfruchtbarem Stein:
Ich will, sobald ich kann, zur Erde wieder werden,
Um nützlich wieder bald zu sein!
Johann Wilhelm Ludwig Gleim