Drs Zitate (Seite 19)
Es ist betrübt, man könnte drüber weinen,
Ein Merkmal unsrer Schwäch' und Sündlichkeit,
Daß Lieb' und Ehe selten sich vereinen,
Da ein Gestirn doch beiden Dasein leiht.
Wie saurer Essig wird aus süßen Weinen,
So Eh' aus Liebe, und es schärft die Zeit
Den duft'gen Trank voll himmlischer Gerüche
Zu einem niedrigen Gewürz der Küche.
Francis von Verulam Bacon
Hitze
Netz die Lungen mit Wein! Heiß über uns wandelt die Sonne schon,
Alles schmachtet und lechzt unter der Wucht drückender Jahresglut;
Schmelzend süßes Gezirp tönt aus dem Laub, wo die Zikade rasch
ihre Flügel bewegt, denen der helltönende Sang entquillt.
Jetzt, zur Zeit wo die Golddistel erblüht, rasen die Weiber all,
Und die Männer sind schwach.
Mark und Gehirn trocknet des Sirius Gluthauch.
Alkäos
Entführung
O Lady Judith, spröder Schatz,
Drückt dich zu fest mein Arm?
Je zwei zu Pferd haben schlechten Platz
Und Winternacht weht nicht warm.
Hart ist der Sitz und knapp und schmal,
Und kalt mein Kleid von Erz,
Doch kälter und härter als Sattel und Stahl
War gegen mich dein Herz.
Sechs Nächte lag ich in Sumpf und Moor
Und hab' um dich gewacht,
Doch weicher, bei Sankt Görg ich's schwor,
Schlaf' ich die siebente Nacht!
Willibald Alexis
Nachts
Alles ruht – nur meine Seele
Ist noch ihrem Kummer wach;
Schmerzlicher, weil ich's verhehle,
Drückt sie ihr gepreßtes: Ach!
Schwüle liegt auf meinem Herzen,
Schwerer Ahndung bange Last –
Nie verschwinden diese Schmerzen,
Nur im Grabe wohnet Rast –
Gott! mein Gott! o gieb mir Stille,
Sprich zu meinem Geiste: Ruh!
Bey dir ist des Friedens Fülle,
Wink mir süßen Schlummer zu.
Johanna Sophie Dorothea Albrecht
Was ist wahre Einsamkeit?
Sind wir einsam, wenn das Leben
Rings von Stille ist umgeben?
Wenn die rege Phantasie
Uns in schaffender Magie
Neu beseelt mit süßem Streben
Bilder der Vergangenheit? –
Ist das wahre Einsamkeit?
Nein, nur das ist Einsamkeit,
Wenn sich Wesen um uns drängen,
Denen nicht in zarten Klängen
Sich vernehmbar macht das Herz,
Oft voll Wonne, oft voll Schmerz –
Die uns das Gemüth verengen
Durch der Langeweile Leid –
Das ist wahre Einsamkeit!
Charlotte von Ahlefeld
Wegbeschreibung
Geht die Strasse nicht mehr weiter
mündet sie in einen Weg
dieser führt zu einer Leiter
über einen Bach als Steg
Ist die Leiter schon verrottet
trägt sie deine Last nicht mehr
wenn dein Inneres nun spottet
setze sprunghaft dich zur Wehr
Drüben bist du nicht gestrandet
sondern fühlst dich wie ein King
selbstbewußt am Ziel gelandet
machst du fortan nun dein Ding
Almut Adler