Dem Leben Zitate (Seite 73)
Wieviel wäre für die heutigen Zustände schon gewonnen, wenn wir alle nur jeden Abend drei Minuten lang sinnend zu den unendlichen Welten des gestirnten Himmels emporblickten und bei der Teilnahme an einem Begräbnis uns dem Rätsel von Tod und Leben hingeben würden, statt in gedankenloser Unterhaltung hinter dem Sarg einherzugehen.
Albert Schweitzer
Wenn im Frühjahr das welke Grau der Wiesen dem Grün Platz macht, so geschieht dies dadurch, daß Millionen von Trieben aus den Wurzeln neu sprossen. Also auch kann die Gedankenerneuerung, die für unsere Zeit kommen muß, auf keine andere Weise zustande kommen, als daß die Vielen ihre Gesinnungen und Ideale aus dem Nachdenken über den Sinn des Lebens und den Sinn der Welt neu gestalten.
Albert Schweitzer
Welches ist der Unterschied zwischen einem Gelehrten, der die kleinsten und ungeahntesten Lebenserscheinungen im Mikroskop beobachtet, und dem Landmann, der kaum lesen und schreiben kann, wenn er im Frühling sinnend in seinem Garten steht und die Blüte betrachtet, die am Zweig des Baumes aufbricht? Beide stehen vor dem Rätsel des Lebens, und einer kann es weitgehender beschreiben als der andere, aber für beide ist es gleich unergründlich.
Albert Schweitzer
Nur wer das, was er selbst (andern) antut, in Rechnung setzt in dem, was er erlebt, und zur Erkenntnis durchgedrungen ist, daß wir so vieles, was uns begegnet, als Sühne ansehen müssen für das, was unsere Schuld an den Menschen darstellt, versteht das Leben. Er ist frei von dem oberflächlichen Empfinden der Ungerechtigkeit, das uns in großen und kleinen Dingen in blinder und überstürzter Weise auf alles, was uns angetan wird, Abwehr tun läßt.
Albert Schweitzer
Geh nicht achtlos an dem armen Insekt, das ins Wasser gefallen ist, vorüber, sondern ahne, was es heißt: mit dem Wassertod ringen. Hilf ihm mit einem Haken oder einem Hölzchen heraus, und wenn es sich dann die Flügel putzt, so wisse, es ist dir etwas Wunderbares widerfahren: das Glück, Leben gerettet zu haben - im Auftrag und in der Machtvollkommenheit Gottes gehandelt zu haben.
Albert Schweitzer
Es gibt nur ein Glück im Leben, von dem alles andere Glück seinen Schein empfängt und das selbst in das unglücklichste Dasein Licht zu senden vermag: der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, das Einswerden unseres armen Menschenwillens mit dem seinen in Tat und Freud und Schmerz.
Albert Schweitzer
Die naive Vorstellung des Glücklich-Seins als des höchstmöglichen und bestgenossenen Wohlergehens versinkt hinter uns. Eine höhere geht uns auf: Die eines Ruhig-Seins und Befriedigt-Seins aus dem Innersten unseres Wesens heraus. Nur wenn wir diese geistige Fähigkeit, glücklich zu sein, erlangt haben, können wir das Gute, das uns im Leben begegnet, wirklich als Glück erleben und mit dem Schweren, das uns beschieden ist, fertig werden.
Albert Schweitzer
Die in dem Denken entstehende Ethik ist nicht "verstandesgemäß", sondern irrational und enthusiastisch. Sie steckt keinen klug abgemessenen Kreis von Pflichten ab, sondern legt dem Menschen die Verantwortung für alles Leben, das in seinem Bereich ist, auf und zwingt ihn, sich ihm helfend hinzugeben.
Albert Schweitzer