Beispiel Zitate (Seite 2)
Nichts ist so ansteckend wie das Beispiel. Aus großer Wohltat wächst Wohltat, aus großer Missetat - Missetat. Wohltaten ahmen wir aus Ehrgeiz nach, Missetaten aus der Bösartigkeit unserer Natur, welche, bisher von der Scham empfangen, durch das böse Beispiel befreit wird.
François VI. Duc de La Rochefoucauld
Brandschaden
Täglich lese ich die Presse
aufmerksam und mit Verstand,
so zum Beispiel mit Int'resse,
unser Rathaus hat gebrannt.
Wie in jedem dieser Fälle,
wie's in meiner Zeitung stand,
war die Feuerwehr zur Stelle
und bekämpfte diesen Brand.
Und zum Schluß war resümiert:
Alle Akten gingen baden,
fünf Beamte schwer lädiert,
Menschen kamen nicht zu Schaden.
Edmund Ruhenstroth
Aufgebung
Ich lasse das Schicksal los.
Es wiegt tausend Milliarden Pfund;
Die zwinge ich doch nicht, ich armer Hund.
Wies rutscht, wies fällt,
Wies trifft - so warte ich hier. -
Wer weiß denn vorher, wie ein zerknittertes Zeitungspapier
Weggeworfen im Wind sich verhält?
Wenn ich noch dem oder jener (zum Beispiel dir)
Eine Freude bereite,
Was will es dann heißen: "Er starb im Dreck"? -
Ich werfe das Schicksal nicht weg.
Es prellt mich beiseite.
Ich poche darauf: Ich war manchmal gut.
Weil ich...
Joachim Ringelnatz
Nichts bleibt ewig
Nichts bleibt ewig und von Dauer,
alles wird irgendwann vergehn,
täglich liegt die Zeit auf Lauer,
obwohl wir sie nicht optisch sehn.
Beispiel sind die kleinen Sachen,
in unserem kurzen Leben,
heute können wir noch lachen,
morgen wird's uns nicht mehr geben.
Das schönste Rot wird finstres Schwarz,
Streit dauert keine Ewigkeit,
verblühen wird selbst Rosenquarz,
es dauert, doch es kommt die Zeit.
Auf ewig gibt es auch kein Licht,
es schwindet sogar Traurigkeit,
doch eines...
Horst Rehmann
Die Abergläubische
Sie litt an starkem Aberglauben.
Man mühte sich, ihn ihr zu rauben,
und mehr als eine riet der Schönen,
sie möge sich ihn abgewöhnen.
Allein sie sprach: "Das geht nicht gut.
Es steckt mir so in Fleisch und Blut,
daß ich zum Beispiel meinen Mann
am Freitag nicht betrügen kann."
Arthur Pserhofer
Ein steiler Felsen ist der Ruhm,
Ein Lorbeerbaum wächst darauf.
Viel kraxeln drum und dran herum,
Doch wenig kommen 'nauf;
Darneben ist ein Präzipiß,
's geht kerzengrad hinab,
Da drunnt' ein Holz zu finden is,
Es heißt der Bettelstab.
Wer nicht enorm bei Kräften is,
Soll nicht auf'n Felsen steig'n.
Er rutscht und fallt ins Präzipiß,
Viel Beispiel tun das zeig'n…
Die Mittelstraßen ist ein breiter Raum,
Die Fahrt kommod talab,
Es wachst zwar drauf kein Lorbeerbaum,
Doch auch kein Bettelstab.
Johann Nepomuk Nestroy
Die zwei Turmuhren
Zwei Kirchturmuhren schlagen hintereinander,
weil sie sonst widereinander schlagen müßten.
Sie vertragen sich wie zwei wahre Christen.
Es wäre dementsprechend zu fragen:
warum nicht auch die Völker
hintereinander statt widereinander schlagen.
Sie könnten doch wirklich ihren Zorn
auslassen, das eine hinten, das andre vorn.
Aber freilich: Kleine Beispiele von Vernunft
änderten noch nie etwas am großen Narreteispiele der Zunft.
Christian Morgenstern
Das Muster der Ehen
Ein rares Beispiel will ich singen,
Wobei die Welt erstaunen wird.
Daß alle Ehen Zwietracht bringen,
Glaubt jeder, aber jeder irrt.
Ich sah das Muster aller Ehen,
Still, wie die stillste Sommernacht.
Oh! daß sie keiner möge sehen,
Der mich zum frechen Lügner macht!
Und gleichwohl war die Frau kein Engel,
Und der Gemahl kein Heiliger;
Es hatte jedes seine Mängel.
Denn niemand ist von allen leer.
Doch sollte mich ein Spötter fragen,
Wie diese Wunder möglich...
Gotthold Ephraim Lessing
Hoch- und Tiefdeutsch
Wer noch heute Hochdeutsch spricht,
den versteh'n die Leute nicht.
Wenn man in die Runde schaut,
da ist dieser Wortschatz out.
Stellen wir beim Arzt uns vor,
dringt Latein in unser Ohr.
Für die Medienschreiberein
muß man englischkundig sein.
Selbst zu Hause drückt der Klaus
sich zum Beispiel sächsisch aus.
Nur im Ausland, leicht gebrochen,
da wird Hochdeutsch noch gesprochen.
Erhard Horst Bellermann