Augen Zitate (Seite 29)
Stumme Liebe
Selig, willenlos dahingegeben,
Ruht der schlanke Leib in meinen Armen,
Und die feuchten, vollen Lippen suchen
Leise die meinen.
Aber keine Liebesworte schauern
Aus bedrängtem Busen weich ans Ohr mir;
Nur die dunklen, angstvoll großen Augen
Leuchten vor Liebe.
Schweigend pressen sich die heißen Hände,
Sprechen sich die Geister und die Herzen,
Und geheimnisvoll beschleicht die Seele
Ahnung des Glückes.
Felix Dörmann
Dann
Doch als du dann gegangen,
da hat sich mein Verlangen
ganz aufgethan nach dir ...
Als sollt' ich dich verlieren,
schüttelte ich mit irren
Fingern deine verschlossne Thür.
Und durch die Nacht der Scheiben,
ob du nicht würdest bleiben,
bettelten meine Augen, und –
Du gingst hinauf die Stufen
und hast mich nicht gerufen,
mich nicht zurück an deinen Mund.
Vernahm nur noch mit stieren
Sinnen dein Schlüsselklirren
im schwarzen Flur, und dann –
Traum ... bis die Schatten kamen,
wo wir im Park...
Richard Fedor Leopold Dehmel
Nach einem Regen
Sieh, der Himmel wird blau;
die Schwalben jagen sich
wie Fische über den nassen Birken.
Und du willst weinen?
In deiner Seele werden bald
die blanken Bäume und blauen Vögel
ein goldnes Bild sein.
Und du weinst?
Mit meinen Augen
seh' ich in deinen
zwei kleine Sonnen.
Und du lächelst.
Richard Fedor Leopold Dehmel
Leises Lied
In einem stillen Garten,
an eines Brunnens Schacht,
wie wollt ich gerne warten
die lange graue Nacht.
Viel helle Lilien blühen
um des Brunnens Schlund;
drin schwimmen golden die Sterne,
drin badet sich der Mond.
Und wie in den Brunnen schimmern
die lieben Sterne hinein,
glänzt mir im Herzen immer
deiner lieben Augen Schein.
Die Sterne doch am Himmel,
die stehn uns all so fern;
in deinem stillen Garten
stünd' ich jetzt so gern.
Richard Fedor Leopold Dehmel
Himmelfahrt
Schwebst du nieder aus den Weiten,
Nacht mit deinem Silberkranz?
Hebt in deine Ewigkeiten
mich des Dunkels milder Glanz?
Als ob Augen liebend winken:
alle Liebe sei enthüllt!
als ob Arme sehnend sinken:
alle Sehnsucht sei erfüllt –
strahlt ein Stern mir aus den Weiten,
alle Ängste fallen ab,
seligste Versunkenheiten,
strahlt und strahlt und will herab.
Und es treiben mich Gewalten
ihm entgegen, und er sinkt –
und ein Quellen, ein Entfalten
seines Scheines nimmt und bringt
und...
Richard Fedor Leopold Dehmel
Ein Wort für die Tiere des Hauses
Das Tier vermag nicht auszudrücken,
Was es im Innersten bewegt.
Doch liest man wohl aus seinen Blicken,
Was sich in seinem Herzen regt.
Versteht das Tier auch nicht zu sprechen,
So merk: Es redet doch mit dir.
Und wenn des Tieres Augen brechen,
Fühlst du gewiß: Es spricht mit mir.
Georg Jacob Friedrich Paulus Hermann Dechent
Vorfrühling
Wir standen heute still am Zaun von einem fremden Garten,
Sah'n hin und sah'n das Wintergras am Teich auf Sonne warten.
Im Wasser lag verjährtes Laub gleichwie auf Glas,
Am Ufer saß ein Büschel Veilchen jung erblüht im gelben Gras,
Und frisches Lilienkraut wuchs grün bei Tuffsteinblöcken,
Am Himmel oben gingen Wolken jugendlich in weißen Röcken.
Wie wenig Welt tut schon den Augen gut!
Nur ein paar Atemzüge lang hat's Herz dort ausgeruht,
Nur ein paar Augenblicke tat es säumen...
Max (Maximilian Albert) Dauthendey
Anselmuccio
Ist gar ein holder Knabe er!
Als ob er's Bild der Liebe wär'.
Sieht freundlich aus und weiß und rot,
Hat große Lust am Butterbrot,
Hat blaue Augen, gelbes Haar,
Und Schelm im Nacken immerdar,
Hat Arm' und Beine rund und voll!
Und alles, wie man's haben soll.
Nur eines fehlt dir, lieber Knabe!
Eins nur: daß ich dich noch nicht habe.
Matthias Claudius
Ein Balg
Die alte Frau hat ein hartes Gesicht,
Doch kluge, sanfte Augen,
Die wenig mehr beim Pfenniglicht
Und nicht zum Weinen taugen.
Sie war ein Balg … Als Findelkind
Verlass'ner als die Armen,
Bat weder Herren noch Gesind
Um Futter und Erbarmen.
Sie griff fest zu und schaffte stramm
Wie ehrbar ernste Leute,
Daß nie sie Unverdientes nahm
Erfreut das Weib noch heute.
Sie zeigt auch jetzt mit Bauernstolz
Erdarbte Talerscheine:
"Die sind mein unverbranntes Holz,
Meine ungetrunknen Weine…
Die...
Ada Christen
Zur Unzeit
Ich wollte, wie gerne, dich herzen,
Dich wiegen in meinem Arm,
Dich drücken an meinem Herzen,
Dich hegen so traut und so warm.
Man verscheucht mit Rauch die Fliegen,
Mit Verdrießlichkeit wohl den Mann;
Und wollt ich an dich mich schmiegen,
Ich täte nicht weise daran.
Wohl zieht vom strengen Norden
Ein trübes Gewölk herauf,
Ich bin ganz stille geworden,
Ich schlage die Augen nicht auf.
Adelbert von Chamisso
Heimkehret fernher, aus den fremden Landen,
In seiner Seele tief beweget der Wanderer;
Er legt von sich den Stab und knieet nieder,
Und feuchtet deinen Schoß mit stillen Tränen,
O deutsche Heimat! – Woll' ihm nicht versagen
Für viele Liebe nur die eine Bitte:
Wann müd' am Abend seine Augen sinken,
Auf deinem Grunde laß den Stein ihn finden,
Darunter er zum Schlaf sein Haupt verberge.
Adelbert von Chamisso