Alter Zitate (Seite 19)
Abend ist's geworden,
Dunkel hüllt uns ein,
Still ist's allerorten,
Still will ich auch sein.
Kindlich und voll Reue
Klag ich meine Schuld,
Hoff auf deine Treue
Und auf deine Huld.
Alles schläft hienieden
In der stillen Nacht.
Ich auch ruh in Frieden,
Denn dein Auge wacht.
Was kann mir denn schaden?
Herr, in deiner Hut
Und in deinen Gnaden
Schlaf ich still und gut.
Schlafe ohne Sorgen,
Denn ich bin ja dein.
Bis mich weckt am Morgen
Deiner Sonne Schein.
Dann will ich auf's...
Georg-Christoph Dieffenbach
Wiedersehen
Dir war bittrer nie zu Muthe,
Was du Süßes auch gesprochen!
Und du bist ja doch nicht glücklich,
Und dein Herz ist doch gebrochen.
Wenn auch lächeln deine Lippen,
Mir dein Unglück stolz verhehlend,
Tief in deinen Kinderaugen
Seh' ich ja dein ganzes Elend.
Sei nicht stolz und leg' versöhnlich
Deine Hände in die meinen!
Wollen uns ja nicht mehr lieben –
Wollen nur zusammen weinen. –
Weinen, daß es so gekommen!
Doch kein Vorwurf, keine Klage
Schwirre mit dem finstern Fittich
Ob der...
Emil Claar
Hyazinthe
Hyazinthe war die teure
Lieblingsblume meiner Mutter,
Die ein Lenzeskind gewesen,
Eine echte Märzgeborne.
Jährlich um des Monats Mitte,
Trat ich morgens in ihr Zimmer
Und bescherte zum Geburtstag
Ihr die ersten Hyazinten.
Lenz durchglomm ihr blaues Auge,
Wob in ihrem feinen Antlitz
Und umstrahlte noch im Alter
den kastanienbraunen Scheitel.
Märzenstark war ihre Seele,
Die sich hob aus allem Niedern
Zum Erhab'nen und zum Zarten
Wie auf sichtbar hellen Schwingen.
Und auch diese Edle...
Emil Claar
Ein Balg
Die alte Frau hat ein hartes Gesicht,
Doch kluge, sanfte Augen,
Die wenig mehr beim Pfenniglicht
Und nicht zum Weinen taugen.
Sie war ein Balg … Als Findelkind
Verlass'ner als die Armen,
Bat weder Herren noch Gesind
Um Futter und Erbarmen.
Sie griff fest zu und schaffte stramm
Wie ehrbar ernste Leute,
Daß nie sie Unverdientes nahm
Erfreut das Weib noch heute.
Sie zeigt auch jetzt mit Bauernstolz
Erdarbte Talerscheine:
"Die sind mein unverbranntes Holz,
Meine ungetrunknen Weine…
Die...
Ada Christen
Frauenpower
In jungen Jahren lachen wir Männer die Frauen an,
um ihr Herz zu erreichen.
Doch diese haben nichts zu lachen,
denn sie müssen Karriere machen.
Der Machtkampf gegen die Männer
dauert lang und immer länger.
Ab einem gewissen Alter, an Erfahrung reich,
sind sie uns Männern endlich gleich.
Jetzt bleibt Zeit für einen Männerblick –
doch leider lacht keiner mehr zurück.
by SPODO
Sehnsucht
Schon viel zu lang
Hab ich der Bosheit mich ergeben.
Ich lasse töten, um zu leben,
Und bös macht bang.
Denn niemals ruht
Die Stimme in des Herzens Tiefe,
Als ob es zärtlich klagend riefe:
Sei wieder gut.
Und frisch vom Baum
Den allerschönsten Apfel brach ich.
Ich biß hinein, und seufzend sprach ich
Wie halb im Traum:
Du erstes Glück,
Du alter Paradiesesfrieden,
Da...
Wilhelm Busch
Siehst du das wunderbare Bild von Brouwer?
Es zieht dich an, wie ein Magnet.
Du lächelst wohl, derweil ein Schreckensschauer
Durch deine Wirbelsäule geht.
Ein kühler Doktor öffnet einem Manne
Die Schwäre hinten im Genick;
Daneben steht ein Weib mit einer Kanne,
Vertieft in dieses Mißgeschick.
Ja, alter Freund, wir haben unsre Schwäre
Meist hinten. Und voll Seelenruh
Drückt sie ein andrer auf. Es rinnt die Zähre,
Und fremde Leute sehen zu.
Wilhelm Busch
Laß doch das ew'ge Fragen,
Verehrter alter Freund.
Ich will von selbst schon sagen,
Was mir vonnöten scheint.
Du sagst vielleicht dagegen:
Man fragt doch wohl einmal.
Gewiß! Nur allerwegen
Ist mir's nicht ganz egal.
Bei deinem Fragestellen
Hat eines mich frappiert:
Du fragst so gern nach Fällen,
Wobei ich mich blamiert.
Wilhelm Busch
Ganz richtig, diese Welt ist nichtig.
Auch du, der in Person erscheint,
bist ebenfalls nicht gar so wichtig,
wie deine Eitelkeit vermeint.
Was hilft es dir, damit zu prahlen,
daß du ein freies Menschenkind!
Mußt du nicht pünktlich Steuern zahlen,
obwohl sie dir zuwider sind?
Wärst du vielleicht auch, sozusagen,
erhaben über gut und schlecht,
trotzdem behandelt dich dein Magen
als ganz gemeinen Futterknecht.
Lang bleibst du überhaupt nicht munter.
Das Alter kommt und zieht dich krumm,
und...
Wilhelm Busch
Muß man sich schon wieder plagen?
Also wieder ein Gedicht?
Soll ich wagen, nein zu sagen? -
Nein, ich bin kein Bösewicht!
Dehne dich, Poetenleder!
Werde flüssig, alter Leim!
Sieh, schon tröpfelt aus der Feder
Der mit Angst gesuchte Reim!
Und so zeig' ich mit Vergnügen
Mich als einen netten Herrn. -
Ach, mitunter muß man lügen,
Und mitunter lügt man gern!
Wilhelm Busch
Karneval
Auch uns, in Ehren sei's gesagt,
Hat einst der Karneval behagt,
Besonders und zu allermeist
In einer Stadt, die München heißt.
Wie reizend fand man dazumal
Ein menschenwarmes Festlokal,
Wie fleißig wurde über Nacht
Das Glas gefüllt und leer gemacht,
Und gingen wir im Schnee nach Haus,
War grad die frühe Messe aus,
Dann können gleich die frömmsten Frau'n
Sich negativ an uns erbau'n.
Die Zeit verging, das Alter kam,
Wir wurden sittsam, wurden zahm.
Nun sehn wir zwar noch...
Wilhelm Busch
Sie war ein Blümlein hübsch und fein,
Hell aufgeblüht im Sonnenschein.
Er war ein junger Schmetterling,
Der selig an der Blume hing.
Oft kam ein Bienlein mit Gebrumm
Und nascht und säuselt da herum.
Oft kroch ein Käfer kribbelkrab
Am hübschen Blümlein auf und ab.
Ach Gott, wie das dem Schmetterling
So schmerzlich durch die Seele ging.
Doch was am meisten ihn entsetzt,
Das Allerschlimmste kam zuletzt.
ein alter Esel fraß die ganze
Von ihm so heiß geliebte Pflanze.
Wilhelm Busch
Ich bin ein Schimmer im Schatten.
Kein Sternenlicht schwimmt in der Luft.
Ich schwebe durch blühende Matten
Und fühle sie nur am Duft.
Ich hör' meinen Fuß nicht gehen,
Irr' ohne Gewicht durch die Flur:
Ich komme vom Auferstehn
Und geiste auf alter Spur.
Ich möcht' wieder Blumen harken
Und Hoffnungen weben zum Band,
Euch haschen, ihr frohen, ihr starken
Glücksstunden im Sonnenland!
Jakob Boßhart