Alt Werden Zitate (Seite 10)
Leise rauschend durch Ruinen
Zieht der Abendwind,
Flüstert alte, düst're Märchen,
Die vergessen sind.
Von den Bäumen herbstestraurig,
Sinkt nun Blatt auf Blatt,
Sucht in der Ruine Schweigen
Eine Grabesstatt.
Fallen wird auch sie,
Die trotzig manch' Jahrhundert stand,
Ziehen werden, wo sie ragte,
Nebel übers Land.
»Märchenhaft ist dieses Leben!«
Seufzt der Abendwind:
In der heißen Brust erglommen
Mir zwei Wünschlein sind:
Meinem Leben eine Seele,
Die sich meiner eint,
Meinem Grabe eine...
Ernst Ziel
Alles was auf Erden besteht,
beruht auf Ehre und Treue,
wer heut' die alte Pflicht verrät,
verrät morgen auch die neue.
Jede Gabe ist ein Geschenk Gottes,
der Charakter aber ein Produkt der eigenen
Seele, weshalb Gaben entzücken,
Charaktere aber geliebt werden.
Denn nur der ist reich,
der geliebt wird und lieben darf.
Adalbert Stifter
Zusammenleben
Der Mensch muß wachgerüttelt werden,
dies gilt für Jung und Alt auf Erden,
das Motto heißt – Zusammenleben,
gemeinsam an der Zukunft weben.
Ruckartig muß sich etwas ändern,
auch in korrupt geführten Ländern,
damit sich's wieder lohnt zu leben,
um freudig seinen Kopf zu heben.
Gemeinsamkeit kann viel erreichen,
setzt unaufhörlich Richtungszeichen,
sie gehört grundsätzlich ins Revier,
denn: Zusammenhalt ist eine Zier.
Horst Rehmann
In der Stille
Wieviel Schönes ist auf Erden
Unscheinbar verstreut;
Möcht ich immer mehr des inne werden;
Wieviel Schönheit, die den Taglärm scheut,
In bescheidnen alt und jungen Herzen!
Ist es auch ein Duft von Blumen nur,
Macht es holder doch der Erde Flur,
wie ein Lächeln unter vielen Schmerzen.
Christian Morgenstern
Mensch und Unmensch werden 40
Wenn ein Mensch die 40 zeitigt,
Ist er noch nicht alt – das heißt nicht,
Daß er vom Leben noch nichts hatte.
Wenn ein Unmensch doch dagegen
40 wird, hat er vom Leben
Sicher manches mehr gehabt.
Mensch wie Unmensch ist dann klar,
Daß ein Leben 40 Jahr',
Relativ zu sehen ist.
Denn der Mensch macht froh und heiter
In gewohnter Weise weiter.
Doch dem Unmensch droht voll Graus,
wenn er weitermacht das Aus.
Wolfgang (WoKo) Kownatka
Letzte Wache
Wie dunkel sind deine Schläfen.
Und deine Hände so schwer.
Bist du schon weit von dannen,
Und hörst mich nicht mehr.
Unter dem flackernden Lichte
Bist du so traurig und alt,
Und deine Lippen sind grausam
In ewiger Starre gekrallt.
Morgen schon ist hier das Schweigen
Und vielleicht in der Luft
Noch das Rascheln von Kränzen
Und ein verwesender Duft.
Aber die Nächte werden
Leerer nun, Jahr um Jahr.
Hier wo dein Haupt lag, und leise
Immer dein Atem war.
Georg Heym
Verbotene Früchte
Sag, weißt du es wirklich nicht, mein Kind,
wie süß die verbotenen Früchte sind?
Im Garten der Jugend siehst du sie prangen,
wo sie an goldenen Zweigen hangen.
Für jeden sind sie leicht zu erreichen,
der Mut hat, von der Herde zu weichen
zum Pfad, der zu irdischen Wonnen führt –
Sag, hab ich nicht deinen Wunsch geschürt,
auch vom verbotenen Apfel zu kosten?
Willst lieber zu Hause sitzen und rosten,
in Ehren ein altes Jüngferlein werden?
Glaub mir, es lohnten die Götter auf...
Else Galen-Gube
Wenn wir alt sein werden,
wenn der Ruhe Dämmerung
leis in immergleichem Atemzuge uns im Herzen haucht,
wenn das Auge matt und milde blickt,
kältre Farben sieht und flockigen Umriß,
wenn der Hände Drücke,
altersfaltenweich,
immer abschiednehmender, zag sich fühlen,
wenn das Hirn,
von Erkenntnis starr, immer kälter wird,
und der Hoffnung warmer Taubenflügelschlag
nicht mehr linde Glücksgedankenwellen schlägt,
wenn an Rosen-Statt
Herbstzeitlose blaßt ...
Sonne, Sonne!
Du auch wirst mir dann...
Otto Julius Bierbaum
Still von unsichtbarer Hand
Sah die Welt sich schmücken,
Und es wandelt übers Land
Ruhiges Beglücken.
Unsre alte Erde weit
Sank in frommes Sinnen,
Ahnend ihrer heiligen Zeit
Keimendes Beginnen.
Bald ist alles in dem Rund
Werdens voll und Waltens,
Jede Scholle wird zum Grund
Schwelgenden Gestaltens.
Reichtum siehst du jeden Platz
Aus der Tiefe heben,
Schenkend zeigt versenkten Schatz
Jedes Stückchen Leben.
Ferdinand Ernst Albert Avenarius