Alleine Zitate (Seite 31)
Unerklärbar
Ich weiß es nicht, warum die Blume blüht,
Ich weiß, sie muß erblühn und Düfte spenden;
Ich weiß es nicht, warum der Stern entglüht,
Ich weiß es nur, er muß die Strahlen senden.
Ich weiß es nicht, warum die Welle fließt,
Ich weiß es nur, sie muß und darf nicht weilen,
Warum der Strom sich in das Meer ergießt,
Ich weiß es nicht, er muß zum Meer enteilen.
Ich weiß es nicht, warum so nah als fern
Dein Bild so treu im Herzen mir geblieben;
Vergebens fragst du Blume, Well' und Stern
So...
Auguste Kurs
Neunter neunter neunundneunzig – neun Uhr neunundneunzig
oder
9.9.99, 9 Uhr 99 (10 Uhr 39)
Ein Mensch beschließt an diesem Tag,
den Gruß an die Kollegenschar
Am neunten neunten neunzigneun,
das dürfte die Kollegen freu'n.
Denn dieser Tag, das zeigt das Leben,
den hat es so noch nie gegeben.
Und auch in Zukunft wird’s so sein,
der Tag ist einsam, und allein.
Der Mensch jedoch stellt ihm zur Seite,
noch eine neun und neunundneunzig,
denn erst die Uhrzeit macht's gewiß,
der Tag dann erst...
Wolfgang (WoKo) Kownatka
Zwillinge
Ein Mensch das Licht der Welt erblickt
Und neben sich das gleiche Stück.
Es ist kein Bild, auch nicht geklont
Es ist real, doch ungewohnt.
Normalerweise kommt ein Mensch
Allein auf diese Welt und fremd.
Doch nun und hier an dieser Stelle
Geschwister sind's, auf alle Fälle.
Die Mutter nimmt es hin mit Freude
Dem Vater doch entging die Freude
Mit der er sich ein zweites Mal
Bemüht um Nachwuchs – ach wie schad'.
Wolfgang (WoKo) Kownatka
Zu Tod möcht ich mich lieben
Liebster Freund, und kann's denn sein,
Wächst noch immer diese Liebe
Längst war ihr das Herz zu klein
Quillt noch stets von neuem Triebe!
Tag für Tag und Nacht für Nacht,
Füllt sich's fort aus ew'gen Quellen
Und das Herze weint und lacht,
Kann sich gar nicht mehr verstellen.
Süße Krankheit, himmlisch Leid
Und so mag's die Welt denn wissen
Der mich liebt, ist ach, so weit
Und das Herz ist mir zerrissen!
Aber dann im Traum der Nacht,
O wie sind wir da...
Christian Reinhold Köstlin
Impressionen auf einer Insel
Moosige Steine zerklüften schwarze Massen
Aus grauem Himmel hängen Schneehügel
Wir und sonst niemand – sagen sie...
Die Insel allein im weiten Meer
Seemöwen zertrennen kalte Nebel
Noch wächst kein Abend aus diesem Lande
Zwei vermummte Alte schlurfen die steile Gasse hinunter
Und deuten auf ein Schiff
Lebloses Sein
Im trüben Schatten vergessener Pioniere
Weitab von tropfender Zeit –
Bloß an den Schneekuppen vom Firmament geflossen
Heinz Körber
Wo willst du hin?
Wo willst du hin?
Es ist so kalt
Wo willst du hin?
Ich such dich bald
Mir ist kalt, ich bin allein
Es kommt die Frage nach dem Sein
Nach dem großen Sinn des Lebens
Der in Liebe ist gegeben
Um diesen Kreislauf fortzuwähren,
Muss ich für dich sehr viel entbehren
Doch dieses Geben ist Genuss
Die Liebe selbst sie ist ein Muss
Doch wo willst du hin?
Es ist so kalt
Aber wo willst du hin?
Du sagst „Bis Bald“
Ich freu mich auf das Wiedersehen
Dein Gesicht erneut zu erspähen
Denn das...
Frank Korablin
Sommerabend
Ob das des Sommerabends Wesen ist?
Die offene Seele lauscht dem dunklen Lied,
Das eine Nachtigall vor Sehnsucht weint,
Und eine Grille geigt verliebt im Ried.
Ich hauche: Kommt denn niemand, der mich küßt?
Ob das des Sommerabends Wesen ist? …
Die Liebe lockt: "Gib dich mir ganz! Gib! Gib!" …
Der letzte Laut erstirbt. Heimlich geeint
Hat sich der Liebste traulich mit dem Lieb …
Zu mir allein kommt niemand, der mich küßt.
Paul Ernst Köhler
Die Sehnsucht trinkt
Der Abend dämmert auf. Ich bin allein.
Ach! bring mich du mit einem Hauch zur Ruh.
Ich lausche, fühle, jauchze: "Du bist mein."
"Mit Willen dein!" haucht auch dein Herz mir zu.
Ich dürste nach schwerem rotem Wein,
Der warm und wahr die dunklen Räume sprengt.
O Liebe, schenk dich mir, o schenk dich ein!
Ich schenke mich, bis restlos ich verschenkt.
Du kommst mit Glockendreiklang: "Ich bin dein"…
Hörst du das Echo, das sich aus mir schwingt?
"Dein war ich, bin ich und dein...
Paul Ernst Köhler
Weißt du – wo?
Weit – weit –
hart an der Ewigkeit,
über den Zeiten,
ganz hinter Mitternacht,
wo schauernd schreiten
Füße der Geister sacht,
wo gar kein Wald mehr
und keine Wiese lacht,
wo, dieses Lebens leer,
schläft eines Ozeans Macht,
– dort winkt ein Streifen Strand,
dort kreist die Sehnsucht mein
adlergleich, ganz allein,
suchend nach Land.
Karl Ernst Knodt
Apachen-Abschied
Nacht verrann.
Müssen scheiden.
Lehre es mich, Mann –
Schwöre es mir, Mann:
Leiden will ich, leiden.
Warest doch so gut,
Wurdest immer besser –
Mein entzücktes Blut
Blinkt nach deinem Messer.
Hattest viele lieb,
Immer Himmel blau.
Deinen Mund nun gib
Einer andren Frau –
Ach, warum ich weine?
Vaterhaus im Forst…
Eule hoch im Horst…
Und ein junger Hirsch, der röhrt…
Du: dein Messer, es gehört
Mir alleine…
Klabund
Die englischen Fräulein
Die englischen Fräulein gehen
in langen Ketten durch die Stadt,
Zwei und zwei, in ihren schwarzen Mänteln,
wie Morcheln,
Die man aus dem Boden gerissen hat,
Aber im Sommer tragen sie violette
Schärpen um den Leib.
Sie schlafen allein im Bette.
Manche ist so schön.
Man möchte einmal mit ihr schlafen gehn.
Aber sie sind so klein und klein
in ihren schwarzen Kapuzen.
Ich glaube, wenn man sie lieben will,
braucht man ein ganzes Dutzend.
Klabund
O weine nicht, o freue dich
Bin ich auch fern von dir,
Ob nah', ob fern, ich denke dein,
Die Liebe zieht mit mir.
Sie schickt den Traum mir in der Nacht,
Ist mir am Tag' Geleit",
Sie flüstert: – bleibe treu, o Herz,
Bleib' treu' in Freud und Leid! –
Ja, in Freud und Leid ich bleibe treu,
Ich liebe dich allein.
Ich finde ja kein' lieber Lieb".
Wie könnt ich untreu sein?
Theobald Kerner
Erster Schnee
Wie nun alles stirbt und endet
Und das letzte Lindenblatt
Müd sich an die Erde wendet
In die warme Ruhestatt,
So auch unser Tun und Lassen,
Was uns zügellos erregt,
Unser Lieben, unser Hassen
Sei zum welken Laub gelegt.
Reiner weißer Schnee, o schneie,
Decke beide Gräber zu,
Daß die Seele uns gedeihe
Still und kühl in Wintersruh!
Bald kommt jene Frühlingswende,
Die allein die Liebe weckt,
Wo der Haß umsonst die Hände
Dräuend aus dem Grabe streckt.
Gottfried Keller
Halt' aus, und wenn auch Schlag auf Schlag
Das Schicksal dir erteilt,
Vertraue fest, es kommt der Tag,
Der deine Leiden heilt!
Bedenke, wie so manches Herz
Bedrückt von Not Angst;
Verdoppelt fühlest du den Schmerz,
Wenn du in Kleinmut bangst.
So lang' des Menschen flücht'ger Fuß
Den Erdenkreis durcheilt,
Ruft ihm der Schmerz den düstern Gruß,
Wo er auch immer weilt.
Halt' aus und stehe unverzagt,
Wirf kühn den Feind zurück,
Den frischen Mut, der furchtlos wagt,
Ihn krönt allein das Glück.
Agnes Kayser-Langerhanns