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"Man muß nicht müssen", sagt ein deutscher Dichter,
Ein andrer, und der größte unter allen:
"Der Mensch ist nicht geboren, frei zu sein."
Hat einer unrecht und der andre recht?
Und wer von beiden, dieses oder jenes?
O schwierig! Aber halt, da fällt mir ein:
Am Ende haben recht und unrecht beide.
Der Mensch ist frei, doch er bedarf ein Muß.
Nun gut, so schaffe selbst dir einen Zwang,
Ein Muß der Pflicht: dann dienst du, aber frei.
Friedrich Theodor von Vischer
Mignon
Buntbeblümte Wiesen dehnen
Fernhin sich, die Luft weht lind;
Auf umsonnten Wolkenkähnen
Kam der Lenz ins Land geschwind . . .
Buntbeblümte Wiesen dehnen
Fernhin sich, die Luft weht lind.
Laß mein Haupt an deines lehnen,
Rühr die Harfe, holdes Kind!
Lieblich wie Gesang von Schwänen
Klagt ihr Ton im Abendwind . . .
Laß mein Haupt an deines lehnen
Rühr die Harfe, holdes Kind!
Zages Hoffen, süßes Wähnen
Schwellt die Seele mir gelind;
Banges, langverhaltnes Sehnen
Löst sich; Quellen rieseln...
Heinrich Leuthold
Mai
Nun aber hebt zu singen an
Der Mai mit seinen Winden.
Wohl dem, der suchen gehen kann
Und bunte Blumen finden!
Die Schönheit steigt millionenfach
Empor aus schwarzer Erden;
Manch eingekümmert Weh und Ach
Mag nun vergessen werden.
Denn dazu ist der Mai gemacht,
Daß er uns lachen lehre.
Die Herzen hoch! Und fortgelacht
Des Grames Miserere!
Otto Julius Bierbaum
Unter dem mohammedanischen Gesetz kann ein Mann nicht mehr als vier Frauen heiraten, und unter dem ungeschriebenen Gesetz der Notwendigkeit kann kein Mann mehr Frauen erhalten, als er sich leisten kann, so daß also ein Mann mit vier Frauen in Asien eine ebenso große Ausnahme darstellt wie in Europa ein Mann mit einem Reitpferd oder einer Luxuslimousine.
George Bernard Shaw