Zitate
Daß Du weiße Haare hast – so viele, wie ich jetzt habe, das tut mir nicht weh, das liebe ich, daß die Zeit uns zeichnet und das Alter uns würdig macht, mein teurer Schatz. Ob du alt und verrunzelt bist, wie ein alter vertrockneter Nußknacker, das ist mir gleich, wenn nur Deine Seele nicht armselig unbedeutend wird. Sonst ist mir alles lieb, was die Zeit unserem Leben antun muß. Das ist mir heilig.
Max (Maximilian Albert) Dauthendey
Immer neue Küsse gib
Küß mich auf den Mund, mein Lieb,
Immer neue Küsse gib.
Wellt am Weinstock Blatt um Blatt,
Man den Most im Keller hat.
Ach, das Leben ist versüßt
Dem, der sich durchs Leben küßt.
Wer verkennt des Jahres Zweck,
Dem nur schenkt der Herbst den Dreck.
Liebste, drück mir auf den Mund
Küsse wie die Blätter bunt,
Küsse wie der junge Most,
Und berauscht leb' ich getrost.
Max (Maximilian Albert) Dauthendey
Und bin der Ärmste von der Welt
Ach, nur die Lieder unserer Stunden,
Leg ich als den Entgelt dir hin
Für deine Lieb', der täglich wieder
Ich neue Lieder schuldig bin.
Ich bin der Reichste von den Reichen,
So lang es deinem Blut gefällt
Und kann die Schuld doch nie begleichen,
Und bin der Ärmste von der Welt,
Wenn mal mein Tag kein Lied enthält.
Max (Maximilian Albert) Dauthendey
November
Bin heut im erstarrten Garten gewesen,
Wo ich in Deinem Auge einst Lieder gelesen;
Wo die Biene den Tropfen Seligkeit sog,
Und wie ein Stückchen Himmel der Schmetterling flog.
Wo der Mond aufstieg wie der Liebe Lob,
Wie ein Herz das sich von der Erde hob,
Und wo jetzt die Wurzeln der Blumen verwesen,
Hab ich in toten Blättern noch Lieder gelesen.
Max (Maximilian Albert) Dauthendey
Möchte rollend das Blut aller Verliebten sein
Ich möchte mir Freuden wie aus roten Steinbrüchen brechen,
Möchte Brücken schlagen tief in die Wolken hinein;
Möchte mit Bergen sprechen wie Glocken in hohen Türmen,
Wie Laubbäume ragen und mit den Frühlingen stürmen
Und wie ein dunkler Strom der Ufer Schattenwelt tragen.
Fiel gern als Abenddunkel in alle Gassen hinein,
Drinnen Burschen die Mädchen suchen und fassen.
Möchte rollend das Blut aller Verliebten sein
Und von Liebe und Sehnsucht niemals...
Max (Maximilian Albert) Dauthendey
Du und ich
Wunschlose Seligkeit
Strömt deine Nähe über mich.
Der Alltag wird zur Sonntagszeit,
Unsterblich schlingt das Leben sich
Um uns. Und Menschengöttlichkeit
Fühl' ich bei dir durch dich.
Was einst gewesen, weiß ich kaum.
Die enge Welt wird weiter Raum.
Und Holz wird Eisen, Eisen Holz
Und Stolz wird Demut, Demut Stolz.
Gar wunderbare Weisen
Singt dann bei seinem Kreisen
Mein Blut im Paradies für mich.
Es haben alle Wünsche Ruh', –
Ich weiß nicht mehr, wer bist dann du.
Ich weiß nicht...
Max (Maximilian Albert) Dauthendey
O Grille, sing
O Grille, sing,
Die Nacht ist lang.
Ich weiß nicht, ob ich leben darf
Bis an das End von deinem Sang.
Die Fenster stehen aufgemacht.
Ich weiß nicht, ob ich schauen darf
Bis an das End von dieser Nacht.
O Grille, sing, sing unbedacht,
Die Lust geht hin,
Und Leid erwacht.
Und Lust im Leid, -
Mehr bringt sie nicht, die lange Nacht.
Max (Maximilian Albert) Dauthendey
Mein Zimmer hat nur Wände
Mein Zimmer hat nur Wände,
Und Fenster hat es keine,
Denn als mein Schatz gegangen,
Saß ich mit nassen Wangen,
Fand, daß die Sonne blende.
Ich schickte meine Hände,
Sie schleppten Mauersteine.
Sie bauten auf der Stelle
Mit Mörtel und mit Kelle
Für meine Seerlenruh
Die lauten Fenster zu.
Niemand sieht's, wenn ich weine,
Statt Licht sind um mich Steine
Und tröstend dunkle Wände.
Die Träne findet allein
Den Weg in meine Hände.
Max (Maximilian Albert) Dauthendey
Maimond
Maimond schwebt über dem Fluß
Und liegt mir glatt vor dem Fuß.
Das Wasser rückt nicht von der Stelle
Und lugt nur hinauf in die Helle.
Ich schau übers Flußbett hinüber –
Ein Lied schlägt die Brücke herüber.
Es lacht eine Nachtigall
Eine Brücke aus Freude und Schall.
Es regt sich der Nachtwind im Laub –
Es fiel ein Gedanke zum Staub –
Maimond aus vergangenen Jahren
Liegt streichelnd auf alternden Haaren.
Maimond zog mich hin mit Verzücken
Sacht über die singende Brücken,
Und jünger...
Max (Maximilian Albert) Dauthendey
Und einmal steht das Herz am Wege still
Häuser und Mauern, welche die Menschen überdauern,
Bäume und Hecken, die sich über viele Menschalter strecken,
Dunkel und Sternenheer, in unendlich geduldiger Wiederkehr,
Kamen mir auf den Hügelwegen in der Sommernacht entgegen.
Nach der Farbe von meinen Haaren, bin ich noch der wie vor Jahren,
Nach meiner Sprache Klang und an meinem Gang
Kennen mich die Gelände und im Hohlweg die Felsenwände.
Viele Wünsche sind vergangen, die wie Sterne unerreichbar...
Max (Maximilian Albert) Dauthendey
Nur ein Lied färbt die Grauseele bunter
Ich setze mich hin unter nächstbesten Busch
Und sing’'s Blau mir vom Himmel herunter;
Nur ein Lied färbt die Grauseele bunter.
Aus dem Grautag, in welchen die Sorge öd weint,
Wird ein Blautag, sobald nur ein Lied hell erscheint;
Die verstockteste Wolke wird munter.
Wo ein Liebeslied rot wie die Sonne aufgeht,
Jede Wange frohleuchtend voll Herzblut dasteht.
So ein Rot geht dann schwer mehr herunter.
Max (Maximilian Albert) Dauthendey
Es hingen, wie duftende Hände von Frauen,
Blaß die Akazienblüten im Blauen;
Sie streuten uns süße Betäubung aus,
Die Füße fanden nicht mehr nach Haus.
Wir suchten im Gras nach tiefgrünen Ecken,
Wollten berauscht das Auge verstecken;
Kein Versteck war uns dunkel genug,
Weil's Auge Feuer ins Dunkel trug.
Es hingen an Gittern die Rosen wie Tropfen,
Wie Herzen, die schmachtend an Gitter klopfen;
Vor Rosen fanden wir kaum das Haus,
Rosen brannten das Auge aus.
Und wär' ich erblindet, wär' dies...
Max (Maximilian Albert) Dauthendey
Im Sommerwald
Im Sommerwald, wo sich die Blätter drücken,
Liegt Sonnenschein in kleinen Stücken,
Drinnen die Mücken schweben und rücken.
Ich muß mich unter die Stille bücken.
Vor den finstern Tannenlücken
Sah ich einen Schmetterling weiß wie einen Geist aufzücken.
Der Wald riecht nach Kien und ist heiß.
Vielleicht hat hier ein Herz gebrannt und nur der Wald davon weiß.
Max (Maximilian Albert) Dauthendey
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