Zitate
Weihnacht, wunderbares Land,
Wo die grünen Tannen,
Sternenflimmernd rings entbrannt,
Jeden Pilger bannen!
Glücklich kindlicher Gesang
Schwebt um heilige Hügel,
Schwebt der Heimat Welt entlang,
Sehnsucht seine Flügel.
Friedestarken Geistes Macht
Sehnt sich, zu verbünden,
Über aller Niedertracht
Muß ein Licht sich zünden.
Lebens immergrüner Baum
Trägt der Liebe Krone –
Und ein milder Sternentraum
Küßt die starrste Zone.
Karl Henckell
Trotziges Leben
Höhnisch Heulen
Von herben Winden!
Rauhe Schauer
Rieseln durch Mark und Bein.
Wirbelnde Blätter
Von den Linden
Schleifen in öden,
Schlüpfrigen Schlamm hinein.
Wolken weinen da droben;
Pessimistische Zähren
Spritzt mir der Sturm ins Gesicht –
Leben voll Jammer und Schwären!
Trotzig dich wehren!
Kämpfend...
Karl Henckell
Winzer Tod
Wenn jetzt der Tod, der große Winzer, käme,
Mich abzuschneiden von dem Stock der Zeit –
Eh er die Traube mit dem Messer nähme,
Sänk' ihm der Arm: »Noch ist die Stunde weit.
Zwar Sturm und Sonnenschein ward dir beschieden,
Genossen hast du Qual und Lust der Welt,
Empörung kennst du, und du kennst den Frieden,
Den reiferen Früchten hast du dich gesellt.
Doch tiefer sollst du deine Beeren neigen,
Und süß wie Honig will ich deinen Saft,
Gedeihe noch im Licht- und Schattenreigen –
Erst...
Karl Henckell
Das Wundervöglein
Ein Vöglein flattert vor mir her
Mit silbergrauen Schwingen.
Hör' ich es singen,
Bleibt mir das Herz nicht länger schwer.
Das ist der Vogel vom Lande
»Über dem Leid«,
Trägt purpurne Tupfen am Rande
Vom Silberkleid.
Hat in viel dunkle Wellen
Seine Flügelchen getaucht ...
Meinem wunderfeinen Gesellen
Bleibt Licht auf Flug und Flaum gehaucht.
Karl Henckell
Lebensschale
So magst du unerschüttert schweben
Und reichgefüllt im Gleichmaß ruhn,
Du Schale, die mir Gott gegeben,
All Lust und Last hineinzutun.
Wild schwanktest du im Ungewissen,
Hast dich zum Abgrund jäh geneigt –
Nun sei in Licht und Finsternissen,
Die nimmer stürzt noch schwindelnd steigt!
Karl Henckell