Nacht
Das Tal ist ertrunken in Nacht,
Die taglang Mühsal vollbracht.
Nur des Bergbachs Schwellen und Dämpfen
Mahnt an das zeitlose Ringen und Kämpfen
Der Lebensschlacht.
Ein einziger bebender Schimmer durchbricht
Das Dunkel. Ist es ein Totenlicht?
Ist es ein Grüßen der Erde hinauf
Zu den Geschwistern im Sternenlauf?
Oder ein Hoffen des Ewig-Blinden,
Oben erlösende Wahrheit zu finden?
Rings um die Seele ist Nacht,
Drin ist ein Funken entfacht,
Möchte die Finsternis siegreich zerstreuen,
Über erloschenen Sternen die neuen,
Schlackenbefreiten mit Macht entzünden
Und ob der Seele zum Himmel ründen.
Aktuelle Zitate
Wir können garnichts von der Seele sehen, wenn sie nicht in den Mienen sitzt, die Gesichter einer großen Versammlung vom Menschen könnte man eine Geschichte der menschlichen Seele nennen, mit einer Art von chinesischen Zeichen geschrieben. Die Seele legt, so wie der Magnet den Feilstaub, so das Gesicht um sich herum, und die Verschiedenheit der Lage dieser Teile bestimmt die Verschiedenheit dessen, was sie ihnen gegeben hat. Je länger man Gesichter beobachtet, desto mehr wird man an den...
Georg Christoph Lichtenberg
Gänsezug
Die erste Gans im Gänsezug,
Sie schnattert: "Seht, ich führe!"
Die letzte Gans im Gänsezug,
Sie schnattert: "Seht, ich leite!"
Und jede Gans im Gänsezug,
Sie denkt: "Daß ich mich breite
So selbstbewußt, das kommt daher,
Weil ich, ein unumschränkter Herr,
Den Weg mir wähl nach eignem Sinn,
All meiner Schritte Schreiter bin
Und meine Freiheit spüre!"
Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach
Wer es nicht versteht, bei passender Gelegenheit seine Zuflucht zu einem Scherz zu nehmen, und der geistigen Gewandtheit entbehrt, befindet sich öfters in der Notwendigkeit, entweder falsch oder pedantisch zu erscheinen; eine höchst peinliche Lage, aus der man sich gewöhnlich nur durch Grazie oder einen Witz herauswindet.
Nicolas Chamfort