Zitate
Wir brachen die Farne
Wir brachen die Farne
zu Mitternacht,
mitten im dunkelsten Walde.
Der Mond war verhanden
und lange schon
ruhten die Gräser,
die bangen.
Wir brachen die Farne
und trugen sie heim
und schufen
ein sanftes Lager.
Doch nicht
um zu schlafen:
Wir liegen
und lauschen
dem murmelnden Bach
und schauen
und halten
die Träume uns wach.
Ingrid Streicher
Bäume im Frühling
Die jungen Bäume drängen ans Licht,
Zartgrüne Blätter und Zweige
büscheln ganz dicht.
Und Sonnenstrahlen
dringen durch dunklen Wald,
die hohen Tannen,
sonst ernst und alt,
sie lächeln.
Doch immer wieder
rührt's mich an,
wenn ich den Birnbaum
auf der Wiese drüben
sehen kann.
Über zerklüftetem,
ganz rauhem Stamm
die weiße Spitzenblütenhaube –
so zart durftig
wie ein Schleier,
wie ein erster
Mädchentraum.
Ingrid Streicher
Im März
Plop – plop – plop –
es tropft vom Dach,
das letzte Eis zerrinnt;
und auf der Wiese
drängt mit Macht
aus harter Kruste
zartes Grün.
Die Sonne streift
mit sanfter Hand –
wie eine Mutter
ihres Kindes Scheitel –
das Feld, den Wald,
geliebtes Land.
Die Träne fließt:
das Eis wird Wasser,
das Wasser braust
wie Donnerhall
über die Felsenwand
und braust und rauscht
und fällt ins Tal.
Ingrid Streicher