Zitate
Allerseelen
Wie groß die Herbstnacht niederblickt,
Aus sternlos shwarzem Himmelsrahmen,
Ein Trauervorhang, eingestickt
Mit Heimgegangner Bild und Namen.
Mit Namen, die noch immerfort
Uns lieb sind aus vergangnen Tagen:
Wir möchten, ach, so manches Wort
Den teuren Hingeschiednen sagen.
Und allen, deren geistig Licht
Noch in viel hundert dunklen Nächten
Uns leuchten wird und Sieg verspricht
Im Kampfe mit den finstren Mächten.
Hermann Ritter von Lingg
Passionsblume
Ueber der Menschheit Stirne gesenkt
Wölkt sich ein Schatten der tieffsten Trauer,
Wenn der vergangenen Zeit sie gedenkt,
Und der begangenen Frevel mit Schauer.
Wie viel schuldlos Ermordete stehn
Wie viel gekreuzigte Zeugen der Wahrheit
Unten in Nacht, und wir, wir gehn
Oben im Licht und in freudiger Klarheit!
Bis von einem Unrecht nur
Nur ein wenig sich ausgeglichen,
Sind im Gange der Weltenuhr
Oft Jahrhunderte schon verstrichen!
Hermann Ritter von Lingg
Der Komet
(Fragment)
In des Weltraums hängenden Gärten wehn
Die Geburten des All, die dem Äther entstehn,
Die der Lichtstoff zeugt – am erlöschenden Stern,
Am verödeten jagt noch mit flüssigem Kern
Der Komet durch den Raum und durchwallt vor dem Herrn
In feurigen Bahnen die Schöpfung.
Lichtmeere durchfliegt er, Jahrtausenden vor,
Jahrtausenden nach, über Monden empor
Den unendlichen Weg, bis wieder sein Licht
Ins versteinte Gesicht
Der gealterten Erde zurückblickt.
Hermann Ritter von Lingg