Zitate
Neue Liebe
Zum zweitenmal
Steigt dieses Jahr der Frühling nieder
Ins Erdental.
Die Rosen blühn, die Vögel singen Lieder,
Und ich, ach – liebe wieder,
Mit gleicher Lust und gleicher Qual
Wie dazumal. –
Wie dazumal,
Als mir noch frohe Jugend blühte,
Der Sonnenstrahl
Ins Herz mir junge Lieder sprühte.
Ich glühe, wie ich damals glühte,
Es ist die gleiche süße Qual
Wie...
Hermann Ritter von Lingg
Ja, einmal nimmt der Mensch von seinen Tagen
Im voraus schon des Glückes Zinsen ein,
Und spricht: Ich will den Kranz der Freude tragen,
Mag, was darauf folgt, nur noch Asche sein.
Die vollen Becher! Laß uns alles wagen!
Ja einmal will ich auf den Mittagshöh'n
Des Lebens stehn und dann am Ende sagen:
Wie war es doch so schön!
Wie war der Traum so schön! Da wir uns liebten,
Da blühten Rosen um den Trauerzug;
Im Schaum der Tage, die sonst leer zerstiebten,
War eine Perle, reich und stolz...
Hermann Ritter von Lingg
Frühlingssegen
Mein Herz, aus goldnen Jugendtagen,
Aus glücklicher Vergangenheit
In grünes Laub ist's ausgeschlagen,
Da lebt's und atmet und gedeiht.
Die Sehnsucht aber, die ich hatte,
Und mancher wundersüße Traum,
Sie säuseln jetzt im Lindenblatte
Und flüstern in dem Tannenbaum.
Ich lebe, wo die Finken schlagen,
Man kann mich in der Blütezeit
Nach Haus in einem Zweige tragen,
Gefangen bin ich und befreit.
Es bringt mir in der Morgenkühle
Des Sonntags reine Himmelslust
Die längst...
Hermann Ritter von Lingg
In meine Heimat kam ich wieder,
Es war die alte Heimat noch,
Dieselbe Luft, dieselben alten Lieder,
Und alles war ein andres doch.
Die Welle rauschte wie vorzeiten,
Am Waldweg sprang wie sonst das Reh,
Von Fern erklang ein Abendläuten,
Die Berge glänzten aus dem See.
Doch vor dem Haus, wo uns vor Jahren
Die Mutter stets empfing, dort sah
Ich fremde Menschen, sah ein fremd Gebaren;
Wie weh, wie weh mir da geschah!
Mir war, als rief es aus den Wogen:
Flieh, flieh, und ohne Wiederkehr!
Die...
Hermann Ritter von Lingg
Einsamkeit
Wie lang schon trat niemand mehr ein
In dieses stille Zimmer?
Nur hier das bißchen Sonnenschein
Glänzt heute noch wie immer.
Und alles ringsum aufgeräumt
Und wie ich's sonst gefunden:
Die Wanduhr nur steht still und träumt
Von längst vergangnen Stunden.
Wie still es ist! nur dann und wann
Der Sommerfliege Summen.
Hier saß ich oft allein und sann
In innerem Verstummen.
Entmutigt sein, wenn alles hofft,
Wenn alles lebt, gebunden;
Ich kenne sie, ich hab' sie oft
Gefühlt, die bittern...
Hermann Ritter von Lingg
Immer leiser wird mein Schlummer,
Nur wie Schleier liegt mein Kummer
Zitternd über mir.
Oft im Traume hör ich dich
Rufen drauß vor meiner Tür,
Niemand wacht und öffnet dir,
Ich erwach und weine bitterlich.
Ja, ich werde sterben müssen,
Eine Andre wirst du küssen,
Wenn ich bleich und kalt.
Eh die Maienlüfte wehn,
Eh die Drossel singt im Wald:
Willst du mich noch einmal sehn,
Komm, o komme bald!
Hermann Ritter von Lingg
Winterritt
An meines Rosses Brust und Mähne
Gefriert der Hauch zu Duft im Schnee,
In meinem Auge quillt die Träne,
Ich dacht' an dich heut' mehr als je.
Mir klang's heut' früh wie Sonntagsläuten
Durch Berg und Tal in stiller Nacht;
Ich sah dich da mit andern Bräuten,
Die Kirchentür' war aufgemacht.
Die andern trugen Myrtenkrönlein,
Du trugst ein Schleierlein im Haar;
Du hattest auf dem Arm ein Söhnlein,
...
Hermann Ritter von Lingg
Lachenden Mutes sind wir geschieden,
Ahnten nicht, daß es für immer war.
Werd' ich dich nie mehr sehen hienieden?
Seltsam ist es und wunderbar!
Scherzend den letzten Kuß dir vom Munde
Küßt' ich in lachender, glücklicher Stunde.
Dort wo die Wolken so leuchtend scheinen,
Dort auf seligem Inselland
Wandeln wir einst in Myrtenhainen,
Liebende Schatten Hand in Hand.
Daß man auf ewig sich trennen müsse,
Nimmermehr glauben das zärtliche Küsse.
Hermann Ritter von Lingg