Zitate
Buddha, der Mann, der alles Leid überwinden wollte und deshalb alles, was Leid verursacht, für Illusion erklärt, kann auch gesehen werden als Typus des nordischen unbesiegbaren Helden. War er, der Indoeuropäer aus Nordindien, nicht primär das, was er auch nach seiner Abstammung sein sollte: ein arischer Krieger, der sich nichts und niemandem beugen und unterwerfen wollte, nicht einmal dem Schmerz und Tod, an dem auch die Tapfersten und Klügsten nicht vorbeikommen? Buddha, der Erzarier, der...
Gregor Brand
Wie oft schon ist die Vorstellung eines einzigen, aber radikal bösen Gottes gedacht worden? Eines Gottes, der selbst nach dem physischen Tod eines Menschen diesen noch weiter narren will und quälen? Kann jemand mit einem solchen Gottesbild leben? Wenn man es nicht kann, so schließt diese Möglichkeit eines solchen Gottes nicht aus, sondern spräche nur für dessen Raffinesse: Die Spielfiguren, die sein übles Spiel durchschauen, werden von der Erde entfernt. Und wenn doch jemand mit einer solchen...
Gregor Brand
Carl Schmitt, dessen Stil von vielen, die sich mit dem Schreiben bestens auskennen, gerühmt wurde, schrieb nicht wie ein Schriftgelehrter - obwohl er einer war. Er schrieb wie jemand, der Macht hat und Macht fühlt. Viele kurze, prägnante, schnörkellose Sätze ohne häufige Einschiebsel und sprachliche Absicherungen. Kaum Wenn und Aber. Ein solcher, häufig als „lateinisch" gerühmter, Stil ist nicht angeboren, auch demjenigen nicht, der von Kopf bis Fuß wie ein Römer aussieht. Er ist das Ergebnis...
Gregor Brand
Die Alldeutschen waren vor hundert Jahren mit ihren düsteren Prognosen zur deutschen Zukunft in vielen Punkten größere Realisten als ihre mächtigen Gegner. Warum waren sie dann letztlich nicht erfolgreicher? Auch deswegen, weil es in der Weltgeschichte nicht rational zugeht, sondern unberechenbar und zufällig. Andererseits: Nicht jeder historische Mißerfolg ist unerrechenbar.
Gregor Brand
Der deutsche Philosoph Jacobi dachte, Vernehmen setze ein Vernehmbares voraus. Hätte er sein Augenmerk stärker auf die Geschichte des Staates, des Strafrechts und der Polizei gerichtet, so wäre ihm bewußt gewesen, was auch heute noch zahlreiche Polizei- und Geheimpolizeiapparate täglich beweisen: Vernehmen kann man auch da, wo es nichts Vernehmbares gibt. Und überhaupt: Immer schon haben die Menschen gerade aus der Stille und dem Nichts am meisten herausgehört.
Gregor Brand
Klima und Gesellschaft.
Der November 1994 war der bis dahin wärmste November seit Beginn wissenschaftlicher Temperaturaufzeichnungen. Keine Generation erlebt derart viele Temperaturrekorde wie die jetzt lebende. Aber wenn heutzutage derart viele Menschen die verrücktesten Sachen machen, um ins Guiness-Buch der Rekorde zu kommen - warum sollen wir eine solche rekordsüchtige Einstellung nicht auch dem Wetter zubilligen? Auch das Klima ist schließlich nicht unabhängig von der...
Gregor Brand
Die Fähigkeit und der Wille, sich selbst und selbständig Wissen anzueignen, ist die grundlegende Voraussetzung für jede überlegene Bildungs- und Denkfähigkeit. Autodidakten liegen nicht öfters falsch als Heterodidakten und nichts ist weniger gerechtfertigt als der weitverbreitete vorurteilsbeladene Hochmut der Fremdbelehrten.
Gregor Brand
Als Nietzsche den zerstörerischen und hemmunglos vernichtenden Typus des dionysischen Menschen nicht nur beschrieben hatte, sondern ihn auch pries und geradezu herbeisehnte, da hätte jeder Christ mit allem moralischen Recht seiner Religion ihn als sächsischen Heiden erschlagen dürfen. Auch hätte man ihn mit wilden Händen packen und Mänaden zum Fraß vorwerfen dürfen. Da dies alles nicht geschehen ist, müssen sich nun seit mehr als hundert Jahren andere an ihm die Zähne ausbeißen.
Gregor Brand
De Sade glaubte nicht an kollektive Ideale wie Volk, Religion oder Klasse: Sie bedeuteten ihm nichts. Er schätzt den Willen des Einzelnen am höchsten, weil auch die Natur – und ein anderes Vorbild als die Natur kennt er nicht – nichts als Egoismus kenne. Die Natur liefert ihm die Normen für das richtige Verhalten. Er fordert Unterwerfung unter ihre Gesetze und Regeln, auch wenn dies nach herkömmlichen Maßstäben zu einem "bösen" und verwerflichen Tun führt. De Sade war einer der...
Gregor Brand
War de Sade wirklich der Antichrist, als der er sich selber gerne ausgab? Wenn die Praxis des Christentums vielfach dem entsprach, was de Sade zu lehren vorgab, war dieser Franzose dann nicht der größte Verteidiger des Christentums? Er predigte doch: Seid böse – und waren die Christen nicht millionenfach Meister des Bösen? Wer ist der christlichere Christ: Derjenige, der sagt: Was ihr Christen macht, ist falsch? Oder derjenige, der verkündet: Was die Kirche tut, ist im wesentlichen gut und...
Gregor Brand
Es ist eine gar nicht unwichtige Entscheidung, ob man einen Gedanken in ein Gedicht schreibt oder in einen Aphorismus, in ein Drehbuch oder in einen Roman. Jede Entscheidung über das Ob und Wie einer Veröffentlichung ist eine Entscheidung über Wirksamkeit und damit auch über Wirklichkeit. Was aber auf Dauer wirksam ist, läßt sich kaum vorhersehen – und insofern ist die besagte Entscheidung letzten Endes doch nicht so wichtig.
Gregor Brand
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