Schöne Brücke, hast mich oft getragen,
Wenn mein Herz erwartungsvoll geschlagen
Und mit dir den Strom ich überschritt.
Und mich dünkte, deine stolzen Bogen
Sind in kühnerm Schwunge mitgezogen,
Und sie fühlten meine Freude mit.
Weh der Täuschung, da ich jetzo sehe,
Wenn ich schweren Leids hinübergehe,
Daß der Last kein Joch sich fühlend biegt;
Soll ich einsam in die Berge gehen
Und nach einem schwachen Stege spähen,
Der sich meinem Kummer zitternd fügt?
Aber SIE, mit anderm Weh und Leiden
Und im Herzen andre Seligkeiten:
Trage leicht die blühende Gestalt!
Schöne Brücke, magst du ewig stehen,
Ewig aber wird es nie geschehen,
Daß ein beßres Weib hinüber wallt!
Über den Autor
- Beruf des Autors: Schriftsteller
- Nationalität: schweizerischer
- Geboren: 19. Juli 1819
- Gestorben: 15. Juli 1890
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Darum ist die Natur so tief tröstlich, weil sie schlafende Welt, traumlos schlafende Welt ist. Sie fühlt nicht Freude, nicht Schmerz, und doch lebt sie vor uns und für uns ein Leben voll Weisheit, Schönheit und Güte. So schliefen auch wir einst, und solchem Zustand kehren auch wir einst wieder zurück, nur mit dem Unterschiede, daß dann dies ganze Über-Glück, Über-Leid uns bewußt sein wird, und daß wir dann auch keine Träume mehr brauchen, weil wir die Himmel selbst offen sehen.
Christian Morgenstern