Zitate
Anrede
Ich bin nur Flamme, Durst und Schrei und Brand.
Durch meiner Seele enge Mulden schießt die Zeit
Wie dunkles Wasser, heftig, rasch und unerkannt.
Auf meinem Leibe brennt das Mal: Vergänglichkeit.
Du aber bist der Spiegel, über dessen Rund
Die großen Bäche alles Lebens geh'n,
Und hinter dessen quellend gold'nem Grund
Die toten Dinge schimmernd aufersteh'n.
Mein Bestes glüht und lischt – ein irrer Stern,
Der in den Abgrund blauer Sommernächte fällt –
Doch deiner Tage Bild ist hoch und...
Ernst Maria Richard Stadler
Betörung
Nun bist du, Seele, wieder deinem Traum
Und deiner Sehnsucht selig hingegeben.
In holdem Feuer glühend fühlst du kaum,
Daß Schatten alle Bilder sind, die um dich leben.
Denn nächtelang war deine Kammer leer.
Nun grüßen dich, wie über Nacht die Zeichen
Des jungen Frühlings durch die Fenster her,
Die neuen Schauer, die durch deine Seele streichen.
Und weißt doch: niemals wird Erfüllung sein
Den Schwachen, die ihr Blut dem Traum verpfänden,
Und höhnend schlägt das Schicksal Krug und...
Ernst Maria Richard Stadler
Fülle des Lebens
Dein Stern erglänzt in Auferstehungsfrühen,
Dein Schicksal treibt, als Opfer sich zu spenden,
Durstige Flamme, kühn, sich zu verschwenden,
Wie Laubgerinnsel, die im Herbstwald sich verglühen.
In Fernen sind die Hölzer schon geschichtet,
Den Leib zu neuer Weihe zu empfangen –
Und schwellend ist, um das die Wimpel deiner Träume hangen,
Das Brautbett deiner letzten Sehnsucht aufgerichtet.
Ernst Maria Richard Stadler
Sicherung
Du meinst, daß Nacht und Frost die Glut verscheuchten,
Weil Flammen nicht mehr heiß in Dunkel schwellen –
Mich sättigt wunschlos das gestillte Leuchten,
In dessen Hut sich Weg und Ferne hellen.
Ich spüre, wie auf immer uns vereine
Der Glanz, den unvergessne Tage spenden,
Und trage still, wie in geweihtem Schreine,
Ihr Heiligstes in unbeschwerten Händen.
Ich weiß mich fahrlos, was mir auch begegnet,
Und nah, wie auch ins Ferne Schicksal ladet,
Ich fühle jedes Glück von Dir...
Ernst Maria Richard Stadler