Christian Morgenstern Zitate über worte
Deutscher Dichter 6. Mai, 1871 – 31. März, 1914
Christian Morgenstern Zitate in EnglischChristian Morgenstern Zitate auf Französisch
Zitieren Sie diese Seite: Zitieren
Zitate
Der Engel
Wo bist du hin? Noch eben warst du da -
Was wandtest du dich wieder abwärts, wehe,
nach jenem Leben, das ich nicht verstehe,
und warst mir jüngst doch noch so innig nah.
Ich soll hinab mit dir in deine Welt,
aus der die Schauer der Verwesung hauchen,
ins Reich des Todes soll ich mit dir tauchen,
das wie ein Leichnam fort und fort zerfällt?
Wohl gibt es meinesgleichen, eingeweiht
in eure fürchterlichen Daseinsstufen...
Doch ich bin's nicht. Nur wie verworrnes Rufen
erschreckt das...
Christian Morgenstern
Genug oft
Genug oft, daß zwei Menschen sich berühren,
– nicht leiblich, geistig nur – daß sie sich sehn</em>,
daß sie sich einmal gegenüberstehn –
um sich danach vielleicht auf immer zu verlieren.
Genug oft, daß ein Lächeln Zweier Seelen
vermählt – oh nicht vermählt! nur dies: sie führt,
so vor einander schweigend und erschüttert,
daß ihnen alle Wort' und Wünsche fehlen,
und jede, unaussprechlich angerührt,
nur tief vom Zittern der verwandten zittert.
Der kann von Liebe nicht reden,
dem sie...
Christian Morgenstern
Lieb ohne Worte
Mich erfüllt Liebestoben zu dir!
Ich bin deinst,
als ob einst
wir vereinigst.
Sei du meinst!
Komm Liebchenstche zu mir! -
ich vergehste sonst
sehnsuchtgepeinigst.
Achst, achst, schwachst schwachst arms
Wortleinstche, was? -
Genug denn, auch du, auch du liebsest.
Fühls, fühls ganzst ohne Worte: sein Meinstlein!
Ich sehne dich sprachlosestest.
Christian Morgenstern
Hier im Wald mit dir zu liegen,
moosgebettet, windumatmet,
in das Flüstern, in das Rauschen
leise liebe Worte mischend,
öfter aber noch dem Schweigen
lange Küsse zugesellend,
unerschöpflich - unersättlich,
hingegebne, hingenommne,
ineinander aufgelöste,
zeitvergeßne, weltvergeßne.
Hier im Wald mit dir zu liegen,
moosgebettet, windumatmet.
Christian Morgenstern
Es war einmal ein Papagei,
der war beim Schöpfungsakt dabei
und lernte gleich am rechten Ort
des ersten Menschen erstes Wort.
Des Menschen erstes Wort war A
und hieß fast alles, was er sah,
z.B. Fisch, z.B. Brod,
z.B. Leben oder Tod.
Erst nach Jahrhunderten voll Schnee
erfand der Mensch zum A das B
und dann das L und dann das Q
und schließlich noch das Z dazu.
Gedachter Papagei indem
ward älter als Methusalem
bewahrend treu in Brust und Schnabel
die erste menschliche Vokabel.
Zum Schlusse...
Christian Morgenstern
Du siehst in etwa 100 Meter Entfernung einen Mann Holz spalten. Das auf den Hackklotz geschmetterte Scheit sinkt bereits nach links und nach rechts auseinander - da erreicht dich erst der Schall. So mögen wir die Welt ein halbes Leben lang betrachten, bis wir das Wort vernehmen, das zu ihr gehört, die Seele, die von ihr redet.
Christian Morgenstern
Lorus, im Verlaufe seines Strebens,
trifft den ersten Kater seines Lebens.
Dieser krümmt, traditioneller Weis'
seinen Rücken fürchterlich zum Kreis.
Lorus spricht mit unerschrockner Zarte:
"Pax vobiscum, freundlicher Gefährte!"
Welches Wort von "Lore" er gelernt
und womit er vielen Groll entfernt.
Auch der Kater, sichtbarlich betroffen,
läßt auf bessere Beziehung hoffen.
Christian Morgenstern
Es kommen zu Palmström heute
die wirklich praktischen Leute,
die wirklich auf allen zehn Zehen
im wirklichen Leben stehen.
Sie klopfen ihm auf den Rücken
und sind in sehr vielen Stücken -
so sagen sie - ganz die Seinen.
Doch wer, der mit beiden Beinen
im wirklichen Leben stände,
der wüsste doch und befände,
wie viel, so gut auch der Wille,
rein idealistische Grille.
Sie schütteln besorgt die Köpfe
und drehn ihm vom Rock die Knöpfe
und hoffen zu postulieren:
er wird auch einer der Ihren,
ein...
Christian Morgenstern
Das böhmische Dorf
Palmström reist, mit einem Herrn v. Korf,
in ein sogenanntes Böhmisches Dorf.
Unverständlich bleibt ihm alles dort,
von dem ersten bis zum letzten Wort.
Auch v. Korf (der nur des Reimes wegen
ihn begleitet) ist um Rat verlegen.
Doch just dieses macht in blass vor Glück.
Tiefentzückt kehrt unser Freund zurück.
Und er schreibt in seine Wochenchronik:
Wieder ein Erlebnis, voll von Honig!
Christian Morgenstern
Allen Bruder sein!
Allen helfen, dienen!
Ist, seit Er erschienen,
Ziel allein!
Auch dem Bösewicht,
Der uns widerstrebet!
Er auch ward gewebet
Einst aus Licht.
"Liebt das Böse – gut!"
Lehren tiefe Seelen.
Lernt am Hassen stählen –
Liebesmut!
Brüder – hört das Wort!
Daß es Wahrheit werde –
Und dereinst die Erde
Gottes Ort!
Christian Morgenstern
Das Wörtlein
Kürzlich kam ein Wort zu mir,
staubig wie ein Wedel,
wirr das Haar, das Auge stier,
doch von Bildung edel.
Als ich, wie es hieße, frug,
sprach es leise: »Herzlich«.
Und aus seinem Munde schlug
eine Lache Schmerzlich.
Wertlos ward ich ganz und gar,
rief's, ein Spiel der Spiele,
Modewort mit Haut und Haar,
Kaviar für zu viele.
Doch ich wusch's und bot ihm Wein,
gab ihm wieder Würde,
und belud ein Brieflein fein
mit der leichten Bürde.
Schlafend hat's die ganze Nacht
weit weg reisen...
Christian Morgenstern
Beliebte Autor
Verwandte Autoren
-
AP
Alexander Pope Dichter
-
Alphonse de Lamartine Dichter
-
Angelus Silesius Dichter
-
Friedrich von Schlegel Dichter
-
GT
Georg Trakl Dichter
-
GG
Giacomo Graf Leopardi Dichter
-
HW
Henry Wadsworth Longfellow Dichter
-
KG
Khalil Gibran Dichter
-
RB
Robert Browning Dichter
-
Walt Whitman Dichter