Zitate
Frühlingsgedanken
Nicht wahr, ihr Alle wünscht, wenn einst die Stunde
Gekommen, wo die andern Wünsche enden,
In eurer Lieben Mitte zu entsenden
Den letzten Hauch vom todesblassen Munde?
Verlangt es mich im tiefsten Seelengrunde
Nach solchen Glückes heilig süßen Spenden,
Muß ich mich an den holden Frühling wenden,
Den einz'gen Freund, mit welchem ich im Bunde.
Und weil kein and'rer Gruß die dunkle Gruft
Mit Liebesschimmer sanft mir wird umfärben,
Wenn nicht sein Gruß als Licht und Sang und...
Betty Paoli
Ich mache mir jeden Tag Komplimente über den richtigen Instinkt, der mich nach Vöslau gehen ließ, Du glaubst nicht, wie schön es hier im Walde ist - in der jetzigen Jahreszeit nämlich, denn im Hochsommer muß die Hitze unleidlich sein. Jetzt aber haben wir wunderschöne Tage, milde Lüfte, und ich brauche mich nicht beständig vor einer Erkältung zu fürchten.
Betty Paoli
Im Winter
Wiesengrund und Bergeshöh'
Liegen wie begraben,
Auf dem schimmernd weißen Schnee
Tummeln sich die Raben.
Mag die Sonne auch ihr Licht
Fernehin entsenden,
Es erquickt und wärmet nicht,
Kann nur schmerzlich blenden.
Dicht vor meinem Fenster steht
Eine schlanke Linde,
Mit Demanten übersä't
Stöhnet sie im Winde.
An die Scheiben pocht sie leis',
Leis' wie Glöckchen läuten;
Was sie sagen will, ich weiß
Mir es wohl zu deuten.
Arme Linde! Tag und Nacht
Scheinst du mir zu klagen:
»Dürft ich...
Betty Paoli
Elend, wahrhaft elend ist,
Der selbst vom Schmerz verstoßen,
Der, da die Lust ihn doch nicht grüßt,
Vom Gram selbst ausgeschlossen;
Deß Nacht nicht schwarz, deß Tag nicht klar,
O der ist elend, ist's fürwahr!
Den kein Verlangen mehr bewegt,
Kein schmerzenfreudig' Sehnen,
Deß Busen keinen Wunsch mehr hegt,
Deß Auge ohne Thränen. –
Ja elend, elend sicherlich
Ist Jeder, der so ist wie ich.
Betty Paoli