Zitate
Sie wird mir einst begegnen, irgendwann,
Wie einem auf verdrossnen Wanderungen
Ein Lied einfällt, daß er als Kind gesungen;
Seither sind viele tot, und er ist Mann.
Und ist davon beglückt, daß er's noch kann;
Denn während er zur Klarheit sich gerungen,
Ist manche Saite in ihm abgesprungen…
Sie wird mir einst begegnen – irgendwann
Und wird mich fragen nicht: Woher? Wohin?
Und wird nicht in mich drängen: Weile, raste!
Einer wie ich ist immer nur zu Gaste –
Und größer wird sie sein durch...
Anton Wildgans
Abschied vom blauen Rauch
Heut nachts erwacht' ich jäh, das Herz stand still!
Dann aber hub ein Hämmern an, ein Pochen,
So ungefüg, als würde eingebrochen
Im Purpurschrein des Lebens. – Wie Gott will.
Es meint' der Arzt zu mir: Du rauchst zuviel,
Solch sinnlos Fröhnen bleibt nicht ungerochen! –
Und hat mir lange weise zugesprochen
Von meines Daseins Pflicht und ernstem Ziel.
Du blauer Rauch, berauschendes Umfließen,
Aus dem mir Ahnung und Gedanke quillt,
So muß ich deiner spärlicher...
Anton Wildgans
Weil ich mein Wesen so mit Härte gürte,
Glaub' nicht darum, daß ich aus Härte bin!
Tief ruht in mir ein mildgewillter Sinn,
Den nur der rechte Zauber nie berührte.
Wirf einem, der die Hand nach heiliger Myrte
Sich auftun hieß, Unkraut und Dornen hin
Und reich dem Durste Wein, wo Galle drin –
Dies ist das Leben, das ich immer führte.
Von Angefaultem ward mir Übermaß
All meine Zeit. Was immer mir verfiel,
War nicht mehr rein und trug in sich den Fraß,
Kaum gut genug für ein betäubtes...
Anton Wildgans
Doch will ich nicht, daß Du Gefährtin seist!
In diesem Namen prahlt die große Lüge.
Wenn Du bewirkst, daß ich mich klarvergnüge,
Nenne ich gerne dies Bewirken Geist.
Mit andern lebt man, was man leben heißt,
Übt seine Pflicht, spannt sich ins Jochgefüge
Der Arbeit ein für sie und holt sich Büge,
Die keines Gottes Hammer grade schweißt.
Du aber sei für mich das seltne Fest,
Das Bacchanal, bei dem man sich verschwendet!
Denn die Alltäglichkeit macht stumpf und schändet
Den Gott in uns und gibt...
Anton Wildgans
Einer Unbekannten
In diesem großen Traurigsein,
das Leben heißt,
kann einer fremden Lampe Schein
oft wie ein stilles Grüßen sein
von Geist zu Geist.
Und eines Menschen Angesicht,
das kaum man kennt,
kann rührend sein wie ein Gedicht
und tröstend wie ein leises Licht,
das tief im Dämmer brennt.
Anton Wildgans