Zitate
Junger Tag
Aus Schleiern des Morgens
Hebt sich der Tag.
Noch hängt an der Wimper
die blitzende Thräne,
Noch huschen die Wölkchen,
Gleich ängstlichen Träumen,
Über die strahlende Kinderstirn –
Aber jubelnd über sein Leben
Will sich die ewige Sonne schon heben,
Küßt ihm den Scheitel
In segnender Liebe,
Weckt ihm die Sehnsucht,
Die knospende auf
Und zieht seinen ersten,
Zagenden Schritten,
Ein leuchtender Herold
Der Schönheit, vorauf!
Anna Ritter
Ich reiße dich aus meinem Herzen,
Aus meinem Leben reiß ich dich,
Denn wie ein heimlich schleichend Fieber
Zehrst du an mir und tötest mich.
In jedem Tag, in jede Stunde
Schleicht dein geliebtes Bild sich ein,
Und ob ich zitternd dir entfliehe
In Lust und Lärm – du holst mich ein.
Mein eigen Blut hat sich verschworen,
Mit dir im Bunde gegen mich –
Es braust und tobt mir in den Adern:
– Ich liebe dich… ich liebe dich. –
Anna Ritter
Mein Traum
Liegt nun so still die weite Welt,
Die Nacht geht schwebend durch das Feld,
Der Mond lugt durch die Bäume.
Da steigts herauf aus tiefem Grund
Da flüsterts rings mit süßem Mund,
Die Träume sind's, die Träume.
Sie tragen Mohn im gold'nen Haar,
Und singend dreht sich Paar um Paar
In wundersamen Reigen –
Nur einer steht so ernst bei Seit',
In seinen Augen wohnt das Leid,
Auf seiner Stirn das Schweigen.
O Traum, der meine Nächte füllt,
Der meinen Tag mit Thränen hüllt,
Willkommen doch,...
Anna Ritter
Sieghafte Lust
In deinem Arm, an deinem Herzen –
O sag', was hat die Erde noch?
Und brächte sie mir tausend Schmerzen
Nach diesem Tag, ich jauchzte doch!
Und gilt es, durch die Dunkelheiten
Der letzten, großen Nacht zu gehn:
Der Schimmer dieser Seligkeiten
Wird leuchtend überm Wege stehn!
Anna Ritter